Verträge regeln nicht nur Hauptleistungspflichten, sondern auch die sogenannten Nebenleistungspflichten. Diese ergänzen die Hauptpflichten und tragen dazu bei, dass der Vertrag ordnungsgemäß erfüllt wird und die Interessen der Parteien gewahrt bleiben. Nebenleistungspflichten sind ein wesentlicher Bestandteil des Vertragsrechts, und ihre Verletzung kann erhebliche Folgen haben. Was sind Nebenleistungspflichten genau? Wie werden sie von den Hauptpflichten abgegrenzt? Und welche Konsequenzen ergeben sich bei ihrer Verletzung? Im Folgenden klären wir diese Fragen und geben Ihnen praxisnahe Beispiele.
Nebenleistungspflichten sind vertragliche Pflichten, die die Hauptleistungspflichten eines Vertrags ergänzen, unterstützen oder absichern sollen. Obwohl sie nicht den Kern des Vertragsverhältnisses ausmachen, tragen sie maßgeblich zu dessen reibungsloser Durchführung bei. Die rechtliche Grundlage dieser Pflichten findet sich in § 241 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Dort heißt es, dass ein Schuldverhältnis die Parteien dazu verpflichtet, nicht nur die Hauptleistung zu erbringen, sondern auch „dazu beizutragen, dass das jeweilige Rechtsgut des anderen Teils nicht verletzt wird“.
Nebenleistungspflichten können explizit im Vertrag vereinbart oder sich aus den sogenannten Treue- und Schutzpflichten ableiten, die sich aus dem Vertragsverhältnis und den Grundsätzen von Treu und Glauben ergeben.
Man könnte also sagen, dass Nebenleistungspflichten die Hauptleistungspflichten flankieren und den Vertragszweck sichern.
Nebenleistungspflichten lassen sich in zwei Hauptkategorien unterteilen:
Diese dienen dazu, die Rechte, Rechtsgüter oder Interessen der anderen Vertragspartei zu schützen. Hierzu gehört auch der Schutz von Personen oder Sachen, die mit dem Vertrag verbunden sind.
Ein Handwerker, der Arbeiten im Haus des Auftraggebers verrichtet, muss dafür sorgen, dass dabei keine Schäden am Eigentum des Auftraggebers entstehen, z. B. durch eine unsachgemäße Handhabung von Werkzeugen.
Die Parteien sind verpflichtet, einander über wichtige Umstände oder Risiken aufzuklären, die den Vertragszweck gefährden könnten. Außerdem müssen sie in einer Weise handeln, die das Vertrauensverhältnis stärkt und den Erfolg der Vertragserfüllung sicherstellt.
Ein Verkäufer eines technischen Geräts muss dem Käufer mitteilen, wenn das Gerät nur mit einem bestimmten Zubehör genutzt werden kann, das nicht im Lieferumfang enthalten ist.
Die Verletzung von Nebenleistungspflichten kann ebenso wie die Verletzung von Hauptleistungspflichten rechtliche Konsequenzen haben. Diese können von Schadensersatz bis zur Kündigung des Vertrags reichen. Rechtlich kommen mehrere Varianten in Betracht:
Wenn eine Nebenleistungspflicht verletzt wird und dem Vertragspartner dadurch ein Schaden entsteht, hat dieser gemäß § 280 BGB Anspruch auf Schadensersatz. Wichtig ist jedoch, dass der Schuldner die Pflichtverletzung zu vertreten hat.
Ein Spediteur, der verpflichtet ist, die Ware ordnungsgemäß zu lagern, lässt die Ware unter schlechten Bedingungen stehen, wodurch sie unbrauchbar wird. Der Kunde kann dann Schadensersatz für die zerstörte Ware verlangen.
Die Verletzung einer Nebenleistungspflicht kann dem Vertragspartner auch einen Rücktritt vom Vertrag ermöglichen, wenn diese Pflichtverletzung so gravierend ist, dass der Vertragszweck dadurch erheblich beeinträchtigt wird.
Ein Hotel verpflichtet sich, einem Gast ein Zimmer zu reservieren, das frei von Baustellenlärm ist. Trotz einer Baustelle arrangiert es keine alternative Unterbringung. Der Gast könnte daher vom Vertrag zurücktreten.
Bei Dauerschuldverhältnissen wie einem Arbeits- oder Mietvertrag kann die Verletzung von Nebenleistungspflichten auch zu einer außerordentlichen Kündigung führen, wenn eine weitere Zusammenarbeit unzumutbar wird.
Ein Vermieter betritt eigenmächtig die Wohnung eines Mieters, ohne dessen Zustimmung einzuholen, und verstößt damit gegen die Nebenpflicht, die Privatsphäre des Mieters zu respektieren. Der Mieter könnte den Vertrag außerordentlich kündigen.
Ein Arzt ist nicht nur verpflichtet, die Behandlung korrekt durchzuführen (Hauptpflicht), sondern auch den Patienten über Risiken und Alternativen aufzuklären (Nebenpflicht). Versäumt er dies, liegt möglicherweise eine Verletzung der Aufklärungspflicht vor.
Vermieter haben die Pflicht, die Mietwohnung in einem vertragsgemäßen Zustand zu halten. Zum Beispiel müssen sie defekte Heizungen reparieren, um den Mietzweck nicht zu beeinträchtigen.
Ein Verkäufer ist verpflichtet, die gekauften Waren transportsicher zu verpacken. Beschädigungen auf dem Transportweg, die auf unzureichende Verpackung zurückgehen, können Schadensersatzansprüche begründen.
Ein Handwerker, der für Renovierungsarbeiten engagiert wurde, ist verpflichtet, die Baustelle nach Abschluss der Arbeiten aufzuräumen. Unterlässt er dies, könnte der Auftraggeber Schadensersatz oder eine Nachbesserung verlangen.
Eine Bank hat die Pflicht, ihre Kunden über Unregelmäßigkeiten oder Sicherheitsrisiken zu informieren, die deren Konten oder Anlagen betreffen. Diese Verpflichtung dient dem Schutz der finanziellen Interessen der Kunden.
Nebenleistungspflichten haben eine zentrale Funktion im deutschen Vertragsrecht. Sie erleichtern, schützen und sichern den Vertrag und fördern ein vertrauensvolles Verhältnis zwischen den Vertragsparteien. Ihre Missachtung kann erhebliche rechtliche Folgen haben und sollte daher weder von privaten noch von geschäftlichen Akteuren unterschätzt werden. Indem man die Nebenleistungspflichten sorgfältig beachtet, lassen sich rechtliche Konflikte vermeiden und das Ziel eines Vertrages erfolgreich umsetzen.
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